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E-Sportler werden verehrt wie richtige Athleten. Die Gaming-Industrie ist ein Boom-Geschäft. Diese Aktien sind die Gewinner.
Von Peter Manhartam 20.08.2018
Das Brummen der Motoren des Militärtransporters ist ohrenbetäubend. Gemeinsam mit 99 Mitstreitern sitzt man im Rumpf der Maschine und fliegt über ein verlassenes Eiland. Ein Kämpfer nach dem anderen springt per Fallschirm ab und steuert einen Landeplatz an – bevorzugt in der Nähe von Dörfern und Industrieanlagen. Kaum gelandet, gilt es, Ausrüstung und Waffen zu suchen und Mitspieler auszuschalten. Im Team oder als Einzelkämpfer – alle gegen alle. Je nachdem ist nach wenigen Sekunden, Minuten oder einer guten halben Stunde das virtuelle Leben ausgehaucht. Dann nämlich ist nur noch eine Person übrig und Sieger des Spiels. Willkommen in der Welt von «Playerunkown’s Battlegrounds», kurz PUBG, einem der erfolgreichsten Battle-Royale-Games.
PUBG wird online über Konsolen und Smartphones gespielt. Beliebt ist es auf der ganzen Welt. Auf dasselbe Prinzip setzt «Fortnite». Es handelt sich um eine niedlichere und weniger realistische Version eines Battle-Royale-Shooters. Es ist der aktuelle Megahit unter Jugendlichen. Der Hype geht so weit, dass geübte Spieler Nachhilfestunden für Rookies anbieten und Eltern diese Unterstützung willig bezahlen. Schliesslich soll der Nachwuchs nicht wegen miserabler Spiel-Skills gehänselt werden. Die neuen Stars in der Fortnite-Spielwelt sind bekannte E-Gamer respektive Streamer wie ViniciusAmazing aus Brasilien oder Terry5L aus Mexiko. Millionen schauen ihnen beim daddeln zu und die Streamer wiederum verdienen Millionen damit. Anzeige
Massive Zuwachsraten erwartet
Im laufenden Jahr dürften gemäss den optimistischsten Marktforschern mehr als 125 Milliarden Dollar in der Gaming-Welt umgesetzt werden. 2020 dann bereits knapp 145 Milliarden. Das jährliche Wachstum wird auf rund 10 Prozent veranschlagt. Deutlich schneller noch als der Gesamtmarkt wird das Geschäft mit Mobile-Games wachsen. Vergangenes Jahr betrug das Plus 25 Prozent, das wird wohl auch in den kommenden Jahren so bleiben. Das Mobile-Gaming wächst schneller, weil in den Boom-Regionen in Asien und Indien Konsolen wenig verbreitet sind, da zu teuer. Mobile-Games sind die Alternative. In diesem Bereich sind chinesische Firmen wie NetEase und Tencent marktführend.
Bei beiden Unternehmen handelt es sich nicht um Pure Plays, also Unternehmen, die ausschliesslich im Gaming-Bereich tätig sind. Die jeweiligen Aktien hatten im laufenden Jahr Mühe, sich zu behaupten, wie chinesische Titel insgesamt. Nach dem sehr erfolgreichen Börsenjahr 2017 hat sich die Grosswetterlage am chinesischen Aktienmarkt wegen des Machtkampfs zwischen China und den USA deutlich eingetrübt. Das drückt auch auf Zweitnotierungen in den USA.
50 von 51 Analysten sagen «kaufen»Tencent kennen hier viele wegen der in China sehr populären Wechat-Anwendung. Weniger bekannt ist, dass Tencent 40 Prozent an Epic hält, dem Entwickler von «Fortnite» und die Rechte von PUBG in China besitzt. Da es sich bei Tencent um einen Riesenkonzern mit einer Marktkapitalisierung von 435 Milliarden Dollar handelt, fallen die Erlöse mit den überaus erfolgreichen «Fortnite» und PUBG in der Gesamtrechnung allerdings kaum ins Gewicht. Unter den Analysten ist die Beliebtheit von Tencent ungebrochen – von 51 Analysten, die Bloomberg zu Tencent befragt, empfehlen alle ausser einem, die Aktien zu kaufen. Doch für Anleger, die ausschliesslich in die Gaming-Welt investieren wollen, eignen sich andere Valoren besser
Fifa18: Der Kassenschlager des US-Entwickler Electronic Arts.Quelle: Youtube
Da wäre beispielsweise der US-Entwickler Electronic Arts ( EA). Bekannt vor allem durch «Fifa18», einen der Kassenschlager schlechthin. Eben ging der Fifa-eWorld-Cup in London zu Ende. Gewonnen hat das mit einer Siegerprämie von 250 000 Dollar dotierte Turnier MS-Dossary aus Saudi-Arabien. Mittlerweile heuern sogar Fussballer wie Mesut Özil eigene E-Sport-Teams für den Titel an.Zuletzt liess EA an der Börse Federn, weil die Mobile-Umsätze deutlich hinter der Gesamtmarktentwicklung zurückgeblieben waren. Das ist derzeit die Schwäche von EA. Doch das Plus seit Jahresbeginn beträgt immer noch stolze 25 Prozent und seit 2014 rückte der Titel von 20 auf 130 Dollar vor. Die Formschwäche könnte ein guter Einstiegszeitpunkt sein. Denn EA hat ein attraktives Spiele-Portfolio.
GTA VI wird das Blockbuster-Game
Aus den USA wird aber auch ein anderer Titel künftig für Kursfantasie sorgen: Take-Two Interactive. Über die Tochter Rockstar Games befindet sich nämlich die «Grand Theft Auto»-Reihe (GTA) im Portfolio. Die fünfte Version – die bereits fünf Jahre alt ist – steht auch aktuell immer noch weit oben in den monatlichen Ranglisten der umsatzstärksten Spiele-Downloads. Bereits jetzt ist klar, dass GTA VI ein Riesenerfolg wird. Trotzdem kam es zuletzt zu Verlusten, weil befürchtet wurde, dass wegen «Fortnite» die In-App-Käufe von GTA leiden würden, zu Unrecht allerdings. Der Trailer zu «Red Dead Redemption 2» – einem Open-World-Wildwestspiel – reichte aus, um die Kauflaune der Anleger erneut anzuregen. Doch das neue Hoch dürfte erst eine Wegmarke auf dem weiteren Weg nach oben sein.
World of Warcraft: Ein beliebtes Spiel des Spiele-Vorzeigeunternehmen Activision Blizzard.Quelle: Youtube
Activision Blizzard (AB) ist ein weiteres Spiele-Vorzeigeunternehmen aus Nordamerika, verantwortlich für Titel wie «Call of Duty», «World of Warcraft» und «Destiny». AB hat bis jetzt ein schwächeres Jahr hinter sich. Das wird sich im dritten Quartal nicht gross ändern. Erst gegen Jahresende sind neue Vollversionen und damit Kursimpulse zu erwarten.
Europäische Gamer-Perlen
Nicht nur in den USA sind attraktive Spiele-Entwickler kotiert. In Europa zählen die französische Ubisoft (Aktie seit Jahresbeginn plus 45 Prozent) und die polnische CD Projekt (Aktie seit Jahresbeginn plus 115 Prozent) zu den favorisierten Werten. Die Franzosen punkten nicht nur mit der beliebten Spielereihe «Assasin’s Creed», sondern auch mit Tencent als neuem strategischem Aktionär. Das könnte den Zugang und den Vertrieb in China erleichtern. Analysten sagen trotz Aktien, die rekordhoch stehen, dass die Prognosen des Managements zu konservativ seien und weitere Kursgewinne in der zweiten Jahreshälfte resultieren werden.
Ein kleiner, feiner Produzent ist CD Projekt. Bereits mit der «Witcher»-Serie feierten die Osteuropäer grosse Erfolge. Ein neuer Blockbuster dürfte «Cyberpunk 2077» werden. Veröffentlicht wird der Titel aber erst 2019. Schwächephasen können Anleger nutzen, um sich zu positionieren.
Aktien aus dem Gaming-Bereich profitieren davon, dass viele Zocker nach der Adoleszenz dem Daddeln nicht den Rücken kehren, sondern oft genauso spielfreudig wie als Jugendliche bleiben – mit grösserem Budget allerdings. Zudem hat der Boom um E-Sports-Events erst begonnen. Noch werden solche Veranstaltungen als «nerdig» betrachtet. Die Zuwachsraten deuten jedoch darauf hin, dass der E-Sport bald im Mainstream ankommt. Das sind rosige Zeiten für eine Branche, die von der Bedeutung her zum Film- und TV-Geschäft aufgeschlossen hat. Die Aktien ausgewählter Spielehersteller gehören daher in jedes gut diversifizierte Portfolio.