100.000 Euro am Tag verdient Kolibri Games mit seinen Handyspielen für Zwischendurch. Nun greift der Marktführer zu. Es ist eine der größten Übernahmen aller Zeiten in der deutschen Videospielbranche.
Mehr als 100 Millionen Menschen haben die Handyspiele des Berliner Entwicklers Kolibri Games schon heruntergeladen – vor allem „Idle Miner Tycoon“, ein Spiel für die kleinen Pausen im Alltag, in dem es ums Schürfen von Edelsteinen geht. Das Spiel und ein weiteres ähnliches haben Kolibri Games, vor vier Jahren von Karlsruher Studenten in ihrer WG gegründet, zu einem der größten und profitabelsten Videospiel-Studios in Deutschland gemacht. In Berlin beschäftigt Kolibri zur Zeit etwa 100 Mitarbeiter.

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Das Studio wies 2018 einen Umsatz von mehr als 38 Millionen Euro aus, rechnerisch also mehr als 100.000 Euro am Tag. Ein Jahr zuvor waren es noch 3 bis 4 Millionen Euro Umsatz gewesen. Angesichts dieses Wachstums wurden die Berliner offenbar für Europas größten Videospielkonzern Ubisoftinteressant. Wie die Franzosen am Montag mitteilten, haben sie 75 Prozent der Anteile an Kolibri übernommen. In den nächsten vier Jahren soll daraus eine Komplettübernahme werden.
Zum Preis wollte sich bei Ubisoft auch auf Nachfrage niemand äußern. Es dürfte aber klar sein, dass es sich um eine der größten Übernahmen in der deutschen Videospielbranche überhaupt handelt. Als mit weitem Abstand umsatzstärkstes deutsches Studio gilt Innogames aus Hamburg („Forge of Empires“), das zuletzt bei 170 Millionen Euro Umsatz stand. Dahinter gibt es nicht viele Studios, die in solche Umsatzdimensionen vordringen – insbesondere nicht mit Kolibris Wachstumsrate. Zumal rund die Hälfte des Umsatzes als Gewinn übrig bleibt, wie die Chefs von Kolibri Games in einem Zeitungsinterview sagten.
„Wir fühlen uns geehrt, dass wir eingeladen wurden, dieser phantastischen Familie beizutreten“, heißt es nun von Mitgründer Daniel Stammler mit Blick auf Ubisoft. „Dies markiert einen Höhepunkt in der Geschichte unseres jungen Unternehmens und ermöglicht uns, unsere Entwicklung zu erweitern.“
Die Übernahme von Kolibri Games passt zur Strategie von Ubisoft. Denn schon seit einiger Zeit gilt in der Branche als ausgemacht, dass die künftigen Wachstumschancen vor allem im Bereich der mobilen Spiele liegen, die zumeist grundsätzlich kostenlos spielbar sind und sich durch Werbung oder In-App-Käufe rentieren. Ubisoft hingegen ist vorrangig für hochklassige Titel für Konsole und Computer bekannt, etwa „Assassin’s Creed“ oder die „Anno“-Reihe. Im mobilen Segment hat der Konzern durchaus noch Nachholbedarf. Deshalb hat er im Juli vergangenen Jahres schon das Pariser Handyspiele-Studio Green Panda Games übernommen. Mit rund 30 Mitarbeitern war dieses aber wesentlich kleiner als Kolibri Games.
Quelle: FAZ.NET